Endlich sollen Geduldete, die jahrelang Angst vor einer Abschiebung hatten, die Chance auf ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten. Das betrifft sehr viele Männer, Frauen und Jugendliche: Über 200.000 Menschen leben in Deutschland mit einer prekären Duldung, haben damit
keine feste Perspektive und können in vielen Fällen jederzeit
abgeschoben werden. Circa 100.000 von ihnen sind bereits seit fünf Jahren oder länger in Deutschland und könnten somit vom geplanten Chancen-Aufenthaltsrecht profitieren. Dieses könnte für sie eine haltgebende Brücke sein, über die sie in ein gesichertes Bleiberecht kommen.
Doch Presseberichte lassen nun befürchten, dass im Bundesinnenministerium bei der Ausarbeitung der Gesetzesgrundlage so restriktiv vorgegangen wird, dass
die Möglichkeit, mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht einer signifikanten Anzahl von Menschen aus der Duldung zu helfen, gefährdet wird.
PRO ASYL kritisiert, dass Menschen, denen vorgeworfen wird, falsche Angaben zu ihrer Identität gemacht zu haben, laut Referentenentwurf aus dem BMI vom Chancen-Aufenthaltsrecht ausgenommen sein
könnten.
"Aus der Praxis kriegen wir regelmäßig mit, wie schwierig sich Identitätsklärung und Passbeschaffung für viele Geflüchtete gestalten. Es ist deshalb wichtig, dass dies beim Chancen-Aufenthaltsrecht - das ja noch kein tatsächliches Bleiberecht darstellt - nicht zur Voraussetzung gemacht wird. Der Koalitionsvertrag sieht konkrete Voraussetzungen für
das Chancen-Aufenthaltsrecht vor, von einem Ausschluss wegen angeblicher Täuschung bei Identität oder Staatsangehörigkeit ist dort aber nicht die Rede", erklärt Wiebke Judith, rechtspolitische
Referentin von PRO ASYL.
"Es wäre fatal, wenn nun das Bundesinnenministerium nachträglich Voraussetzungen einführt, die erstens die Umsetzung verkomplizieren und zweitens Tür und Tor öffnen für eine besonders restriktive Handhabung durch die Ausländerbehörden. Hinzu kommt: Je mehr Kriterien geprüft
werden müssen, desto höher ist der bürokratische Aufwand. Dabei sind die Ausländerbehörden jetzt schon überlastet mit der Registrierung von Geflüchteten aus der Ukraine", so Judith.
Laut Koalitionsvertrag gibt es nur drei Voraussetzungen für das Chancen-Aufenthaltsrecht:
»Der bisherigen Praxis der Kettenduldungen setzen wir ein
Chancen-Aufenthaltsrecht entgegen:Menschen, die am 1. Januar 2022 _seit fünf Jahren in Deutschland_ leben, _nicht straffällig geworden sind_ und sich _zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen_, sollen
eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können, um in dieser Zeit die übrigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen (insbesondere Lebensunterhaltssicherung und Identitätsnachweis gemäß §§ 25 a und b AufenthG).« [Unterstriche hinzugefügt]
PRO ASYL fordert mit der Kampagne #RechtAufZukunft
eine zügige Umsetzung der im Koalitionsvertrag beschlossenen Verbesserungen für geduldete Menschen.
Quelle: Pro Asyl