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Neue Diaspora: Zum Engagement afghanischer und syrischer Communities in Deutschland und ihren Herkunftsländern

Bild: pixabay.com
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In der Auftaktpublikation zu einem Forschungsprojekt analysiert der wissenschaftliche Stab des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR), wie ihr zivilgesellschaftliches und transnationales Engagement zu verstehen ist und welche Chancen und Herausforderungen sich daraus ergeben.

„Die afghanische und syrische Bevölkerung in Deutschland ist jung, divers und dynamisch. Das zeigt sich auch an ihrem wachsenden zivilgesellschaftlichen Engagement“, sagt Karoline Popp, wissenschaftliche Mitarbeiterin des SVR und Autorin des Policy Briefs. „Diaspora-Organisationen leisten wichtige Beiträge: Sie setzen sich humanitär oder politisch für das jeweilige Herkunftsland ein oder unterstützen ihre Communities in Deutschland.“

Über Zahl und Art dieser Diaspora-Organisationen gibt es bislang wenig Informationen. Das SVR-Forschungsprojekt bietet nun eine erste Bestandsaufnahme: Für den heute veröffentlichten Policy Brief wurden 128 Organisationen mit Afghanistan- und 84 Organisationen mit Syrien-Bezug erfasst, die größtenteils in den letzten zehn bis zwanzig Jahren gegründet worden sind. Sie engagieren sich besonders im Bereich der Entwicklungs- und humanitären Hilfe sowie der Integration von Mitgliedern ihrer Communities, darunter auch neuankommenden Flüchtlingen. Manche Organisationen setzen sich zudem für den Dialog innerhalb ihrer Communities ein, denn die Spaltungen, die die Konflikte im Herkunftsland prägen, setzen sich manchmal auch in der Diaspora fort.

Insgesamt leben heute 337.000 Menschen mit afghanischem und 1.052.000 Menschen mit syrischem Migrationshintergrund in Deutschland. Ihre Lebenswirklichkeiten unterscheiden sich je nach Alter, Geschlecht, Aufenthaltsdauer und -status in Deutschland sowie politischen, sozialen und anderen Zugehörigkeiten. Die meisten afghanischen und syrischen Staatsangehörigen sind in den Jahren 2015 und 2016 als Schutzsuchende nach Deutschland gekommen. So leben Afghaninnen und Afghanen im Durchschnitt seit 6,3 Jahren in Deutschland; Syrerinnen und Syrer seit 4,8 Jahren. Damit erfüllen bereits die ersten Zugewanderten die Mindestaufenthaltsdauer für eine Einbürgerung. Die Zuwanderung aus beiden Ländern reicht jedoch einige Jahrzehnte zurück; die ältesten Diaspora-Organisationen wurden schon in den 1970er Jahren gegründet.

„Gerade jetzt, wo sich die Aufmerksamkeit verstärkt auf Geflüchtete aus der Ukraine richtet, ist es wichtig, die gesellschaftliche Teilhabe der Zugewanderten, die bereits etwas länger in Deutschland leben, nicht aus den Augen zu verlieren“, betont Karoline Popp. „Das erste Ankommen ist für viele geschafft; jetzt geht es um ihre chancengleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Hier können Diaspora-Organisationen einen Beitrag leisten. Migrantenorganisationen können in dieser Hinsicht wichtige Vermittler, Fürsprecher und Brückenbauer zwischen Neuangekommenen und der Ankunftsgesellschaft sein.“ Dies gehe unter anderem aus früherer Forschung des wissenschaftlichen Stabs des SVR hervor, so Popp.

Bislang sind insbesondere die transnationalen Aktivitäten der afghanistan- und syrienstämmigen Bevölkerung in Deutschland kaum erforscht. Dies gelte sowohl für die individuelle als auch für die kollektive Ebene. „Aufgrund der vielen Lücken in der Forschung bleibt viel Potenzial ungenutzt“, so Karoline Popp. “Wir wissen zum Beispiel, wie wichtig finanzielle Rücküberweisungen und andere wirtschaftliche Aktivitäten der Diaspora für das Herkunftsland sein können. Aber inwieweit das auf die afghanische und die syrische Diaspora in Deutschland zutrifft, ist noch nicht bekannt.“ Für die deutsche Politik stelle sich zudem die Frage, welche Rolle transnationale Netzwerke und Diaspora-Organisationen für Deutschlands künftige außen- und entwicklungspolitische Beziehungen zu Afghanistan bzw. Syrien spielen können.

Diesen und anderen Fragen geht der wissenschaftliche Stab des SVR im Rahmen des Forschungsprojekts „Transnationale Netzwerke und zivilgesellschaftliche Aktivitäten im Kontext von Fluchtmigration: Die afghanischen und syrischen Communities in Deutschland“ nach. Die Erkenntnisse sollen Politik und Gesellschaft dabei unterstützen, das Engagement aus Diaspora und transnationalen Netzwerken besser zu nutzen. Dabei sollen Mitglieder aus beiden Communities am Forschungsprozess beteiligt werden, um deren Perspektiven angemessen einzubeziehen.

Der SVR-Policy Brief „Neue Diaspora? Engagement und transnationale Netzwerke der afghanischen und syrischen Communities in Deutschland“ steht unter diesem Link zum Download bereit.

 

Quelle


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