Im Rahmen dieser Anpassung sollen die Verhaltensprognosen (auch bekannt als Diskretionsprognosen) für lesbische, schwule, bisexuelle,
trans* und intergeschlechtliche
Asylsuchende (LSBTI) nicht mehr angewendet werden. Die entsprechende
Dienstanweisung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
wird geändert. Dazu erklärt Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
„Wir sind glücklich und erleichtert, dass Bundesinnenministerin Nancy
Faeser endlich gehandelt hat. Zukünftig wird das BAMF bei LSBTI-Geflüchteten im Rahmen der Gefahrenprognose des Asylverfahrens
immer davon ausgehen, dass im Heimatland die sexuelle Orientierung oder
geschlechtliche Identität offen gelebt wird. Die überarbeitete Dienstanweisung stellt klar, dass LSBTI-Asylsuchende in keinem Fall auf
ein diskretes Leben im Herkunftsland verwiesen werden dürfen. Dies gilt bauch, wenn die Antragstellenden von sich aus ein diskretes Leben im Herkunftsland angeben.
Der LSVD hat lange dafür gekämpft, dass die europarechtswidrigen Diskretionsprognosen beim BAMF keine Anwendung mehr finden. Wir danken Bundesinnenministerin Faeser für die konsequente Umsetzung
und ganz
ausdrücklich auch den Bundestagsfraktionen von SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP sowie den queeren Parteiorganisationen für ihre Unterstützung. Prognoseentscheidungen über das Verhalten
LSBTI-Schutzsuchender im Heimatland oder die Aufforderung, sich dort „diskret“ zu verhalten, sind unzulässig und verstoßen gegen die bereits
seit 2013 bestehende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Trotzdem fand das sogenannte „Diskretionsgebot“ bis heute Anwendung in der Bescheidungspraxis des BAMF.
In den letzten Jahren konnte der LSVD in enger Kooperation mit dem BAMF immer wieder Schulungen für dessen Mitarbeiter*innen durchführen, vor allem für auf LSBTI-Fälle spezialisierte
Anhörer*innen und für
Asylverfahrensberater*innen. Die individuelle Asylverfahrensberatung des BAMF soll laut Koalitionsvertrag nun in die Trägerschaft der freien Wohlfahrt übergehen. Das damit verbundene Versprechen,
auch eine
besondere Rechtsberatung für queere Verfolgte einzurichten, muss aus unserer Sicht ebenfalls zügig und konsequent umgesetzt werden.“
Alva Träbert aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes
(LSVD) erklärt hierzu:
„Zwischen der Ankunft in Deutschland und der Asylanhörung vergehen oft nur wenige Tage. Queere Geflüchtete müssen dabei Jahre der Angst und Scham überwinden, um über ihre Fluchtgründe zu
sprechen. Ohne
flächendeckenden Zugang zu qualifizierter Rechtsberatung in queerer Trägerschaft ist dies oft unmöglich. Wie bei der Abschaffung der
„Diskretionsprognose“ muss die Bundesregierung auch hier Wort halten.
Nur so können LSBTI-Geflüchtete ihr Recht auf ein Leben in Sicherheit einlösen so diskret oder offen, wie sie selbst es wollen.“