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PRO ASYL: Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht zu den Grundleistungen des AsylbLG

Bild: pixabay.com
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Mit dem Verfahren 1 BvL 5/21 steht im Jahr 2022/23 bereits das zweite laufende Verfahren gegen eine Regelung des Asylbewerberleistungsgesetzes vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Vorgelegt hatte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (L 8 AY 21/19, Beschluss vom 26. Jan. 2021), dass seine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes ausführlich begründet hat. Mit dieser Vorlage steht das Kernstück des Asylbewerberleistungsgesetzes, die so genannten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, auf dem Prüfstand.

In diesem Verfahren hat das Bundesverfassungsgericht PRO ASYL und andere eingeladen, eine Stellungnahme abzugeben. Für PRO ASYL hat der Rechtsanwalt und Sozialrechtsexperte Volker Gerloff eine 32-seitige juristische Stellungnahme verfasst. Er misst das Grundleistungssystem des AsylbLG an den Vorgaben des Verfassungsgerichts. Danach dürfen die AsylbLG-Leistungen im Vergleich zur normalen Sozialhilfe nur dann andere sein, wenn der Gesetzgeber nachvollziehbar ermittelt hat und in einem transparenten Verfahren belegen kann, dass diese Gruppe von Menschen signifikant andere Bedarfe als andere Menschen hat (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 – 1 BvL 10/10). Gerloff kommt in seiner Analyse unter anderem zu folgenden Erkenntnissen:

  • Die vorgesehene Bezugsdauer der geringen „Grundleistungen“ von regelmäßig 15 (bzw. inzwischen 18) Monaten kann nicht als „vorübergehend“ oder kurzzeitig gerechtfertigt werden.
  • Dem Grundleistungssystem mangelt es an Normenklarheit – weder Behörden noch Betroffene können ohne Weiteres nachvollziehen, welche Ansprüche wie gewährt werden (müssen).
  • Die Ausgabe von Sachleistungen führt in der Praxis zu einer Kürzung: Die Betroffenen erhalten nicht das, was sie individuell brauchen.
  • Die laut Gesetz »gesondert« zu erbringenden Bedarfe (etwa Hausrat) sowie Ermessensregelungen in § 6 führen in der Praxis zu weiteren Unklarheiten und einer eklatant mangelhaften Unterversorgung.
  • Der Gesetzgeber berücksichtigt nicht, dass geflüchtete Menschen gerade in der Anfangsphase ihres Aufenthalts besondere Bedarfe haben können, wie etwa die kostenintensive Übersetzung von Dokumenten.
  • Im Unterschied zu normalen Sozialleistungsempfängern können Geflüchtete, die einen Großteil in Sachleistungen erhalten, ihr Geld kaum noch selbstbestimmt einteilen.
  • Gegenüber dem Regelsatz der Sozialhilfe fehlen im AsylbLG einzelne Posten, die der Gesetzgeber schlicht gestrichen hat, z.B. für Bildungskurse. Auch einer solchen Kürzung mangelt es nicht nur an guten Argumenten: Die Unterschreitung des Existenzminimums, das die Führung eines menschenwürdigen Lebens ermöglichen soll, spricht Asylsuchenden letztlich das Mensch-Sein ab.

Im Ergebnis stellt der Autor fest, dass die gesamte Konstruktion des AsylbLG-Grundbedarfs und das Sachleistungsprinzip zu deutlichen Bedarfsunterdeckungen führen – sowohl der in den Sammelunterkünften lebenden Menschen, als auch derer in Wohnungen. Auch die extrem verschiedenen Praktiken von Ländern und Kommunen zeigen Chaos, es kommt zu zahllosen fehlerhaften Bescheiden.

Im Ergebnis kann das AsylbLG keinen Bestand haben und es ist abzuschaffen. Der Grundbedarf, als Kernstück des Gesetzes, ist verfassungswidrig. Es wird daher Zeit, dass der Gesetzgeber sein Festhalten an dem unwürdigen Sondergesetz aufgibt und die Leistungen für Geflüchtete – gegebenenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung besonderer Mehrbedarfe von Geflüchteten – in das normale Leistungssystem nach SGB II/XII eingliedert.“

 

Die Stellungnahme finden Sie hier.

Autor: Rechtsanwalt Volker Gerloff für PRO ASYL

Oktober 2022, 32 Seiten

 Quelle


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