Die Studie analysiert auf Basis der Daten des Religionsmonitors 2023 die religiöse Landkarte Deutschlands und zeigt, dass die Pluralisierung sowie die Individualisierung des religiösen Bereichs deutlich zugenommen haben. Das birgt Konfliktpotenzial. Gegenseitige Wertschätzung und gelingendes Miteinander bedürfen daher der Gestaltung durch Religionspolitik und Religionsgemeinschaften.
In den vergangenen Jahrzehnten ist das religiöse Leben in Deutschland deutlich vielfältiger geworden. 1950 zählten sich noch fast 96 Prozent der Menschen zu den beiden großen christlichen Konfessionen, heute machen evangelische und katholische Christen weniger als die Hälfte der Bevölkerung aus. Neben einer größer werdenden Anzahl konfessionell Ungebundener – aktuell mehr als ein Drittel der Bevölkerung – gibt es zahlreiche kleinere Religionsgemeinschaften: Laut Religionsmonitor machen Muslim:innen einen Anteil von etwa 8 Prozent aus; hinzu kommen Hindus (1,3 Prozent), Buddhist:innen (0,9 Prozent) sowie Jüdinnen und Juden (0,3 Prozent).
Die Studie macht deutlich: Für ein gelingendes Zusammenleben benötigen wir zum einen fundiertes Wissen über religiöses Leben in Deutschland und zum anderen Begegnungen auf Augenhöhe zwischen Menschen unterschiedlicher Glaubenszugehörigkeit – aber auch mit Menschen ohne Glauben. Hier sehen wir eine wichtige Gestaltungsaufgabe für Politik und Gesellschaft.
Denn auch wenn die religiöse Toleranz und gegenseitige Anerkennung nach wie vor hoch ist, so sind im Zehnjahresvergleich doch auch Einbrüche zu verzeichnen: Insgesamt gibt es einen breiten Konsens über den Grundwert der Religionsfreiheit (93 Prozent). 80 Prozent der Bevölkerung zeigen eine große Offenheit gegenüber anderen Religionen; dieser Wert lag 2013 noch bei 89 Prozent. Und 59 Prozent sprechen allen Religionen einen Wahrheitsgehalt zu; dieser Wert betrug im Jahr 2013 noch 72 Prozent. Als Bereicherung wird religiöse Vielfalt nur von einem Drittel der Bevölkerung gesehen. Zustimmung finden diese wertschätzenden Haltungen vor allem bei Christ:innen und Muslim:innen. Unter den Nichtreligiösen sind deutlich weniger Menschen dieser Meinung – sie verlieren den Kontakt zum Religiösen und haben deshalb auch weniger Verständnis dafür. Daher brauchen wir einen modernen Religionsdialog, der auch die große Gruppe der Nichtreligiösen einbindet.
In weiteren Publikationen des Religionsmonitors 2023, die im Laufe dieses Jahres erscheinen, werden die Themen „Solidarität“ und „Verschwörungsglaube“ näher beleuchtet.