· 

„Diskussionsentwurf“ des BMI für ein Gesetz „zur Verbesserung der Rückführung“

Bild: pixabay.com
Bild: pixabay.com

Als Ergebnis des „Flüchtlingsgipfels“ Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vom 10.5.2023 legte das Bundesinnenministerium (BMI) am 1.8.2023 einen „Diskussionsentwurf“ mit umfangreichen Verschärfungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts vor. Enthalten sind umfangreiche Ausweitungen der Abschiebungshaft und der spezifischen Sanktions- und Strafvorschriften für Nichtdeutsche. Der Entwurf beruht auf Vorschlägen der im Grundgesetz als Verfassungsorgan gar nicht vorgesehenen MPK. Er ist weder mit dem Bundeskabinett noch mit den Fraktionen der Ampelkoalition abgestimmt und deshalb nur als „Diskussionsentwurf" bezeichnet.

 

Bei Abschiebungen aus Sammelunterkünften soll die Polizei künftig auch ohne richterlichen Durchsuchungsbeschuss sämtliche Wohn- und sonstigen Räume der Unterkunft (nicht nur das Zimmer der abzuschiebenden Person) „betreten“ dürfen, wobei dieses „Betreten“ laut Begründung des Entwurfs auch die Befugnis zum Aufbrechen der Türen beinhalten soll (§ 58 AufenthG).

 

Der Verstoß gegen ein Einreise- und Aufenthaltsverbot (§ 11 AufenthG) soll ein eigenständiger Haftgrund werden, auch wenn keine Fluchtgefahr vorliegt. Abschiebungshaft soll auch zulässig werden, wenn erst innerhalb der nächsten 6 (bisher 3) Monate eine Abschiebung möglich erscheint (§ 62 AufenthG). Das Ausreisegewahrsam soll von 10 auf 28 Tage verlängert werden (§ 62b AufenthG).

 

Asylsuchende, bei denen zum Zeitpunkt der Asylantragstellung die Voraussetzungen für Abschiebungshaft vorliegen, sollen trotz Asylantrags inhaftiert werden können. Nach dieser Regelung könnten künftig prinzipiell alle neu ankommende Asylsuchenden inhaftiert werden (§ 14 AsylG). Der Katalog als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnender Asylanträge wird ausgeweitet (§ 30 AsylG).

 

Regelungen zur Übernahme von Kosten der Sozialleistungen etc. für Geflüchtete durch den Bund – die Kernforderung der Länder beim Flüchtlingsgipfel der MPK – sucht man im BMI-Entwurf vergeblich. Enthalten sind nur geringfügige Erleichterungen des Verwaltungsaufwands für Ausländerbehörden.

 

So sollen Aufenthaltsgestattungen für bis zu 12 Monate verlängert werden können, Aufenthaltserlaubnisse für subsidiär Geschützte sollen für jeweils 3 Jahre auszustellen sein.

 

Neuer Ausweisungsgrund soll nach der geplanten Änderung die Unterstützung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB werden, reichen soll der begründete Verdacht, also ein Ermittlungsverfahren ohne Gerichtsurteil. Das in der Öffentlichkeit als Mittel zur Ausweisung von „Clanfamilien“ kritisch diskutierte Vorhaben steht im Widerspruch zum rechtsstaatlichen Grundsatz der Unschuldsvermutung. Nach § 129 kommt es in der Praxis zu vielen Ermittlungsverfahren, aber nur selten zu Verurteilungen. Betroffen sind häufig politische Gruppierungen, aktuell etwa die „letzte Generation“ und das „Zentrum für politische Schönheit“.

Strafbar ist dabei auch, wer eine solche Vereinigung lediglich „unterstützt“, ohne selbst eine Straftat zu begehen. Der Tatbestand der „Unterstützung“ bleibt diffus und wird von Ermittlern gerne weit gefasst. § 129 ist bei Strafverfolgungsbehörden beliebt, weil Ermittler erheblich erweiterte Befugnisse haben, wenn dieser Verdacht im Raum steht. § 129 StGB wird deshalb auch „Schnüffelparagraf“ genannt.

Kritiker bezeichnen § 129 auch als Gesinnungsparagraf, mit dem einfache Kontaktpersonen verurteilt und gesamte politische Einstellungen kriminalisiert werden könnten. Ein Ermittlungsverfahren nach § 129 könnte künftig ohne Beweis und Strafurteil zur Ausweisung langfristig hier lebender Menschen führen.

 

Im Diskussionsentwurf des BMI fehlen die weiteren Vorhaben des seit langem geplanten Migrationspakets II. Ursprünglich hatte die Ampel-Regierung bereits für Herbst 2022 ein „Migrationspaket II“ u.a. mit Erleichterungen des Familiennachzugs zu Geflüchteten und zu hier lebenden deutschen Ehepartnern, der Aufhebung des Arbeitsverbots für Asylbewerber*innen und Geduldete, sowie Erleichterungen der Abschiebung (sog „Rückführungsoffensive“) geplant. Übrig geblieben ist scheinbar nur die Rückführungsoffensive.

 

Ergänzen möchten wir den Hinweis auf die geplante Abschaffung von Abschiebungsankündigungen nach längerer Duldungszeit, auf die Thomas Hohlfeld, Referent für Migration/Integration, Fraktion DIE LINKE. im Bundestag in seinem Vermerk besonders hinweist. Bislang muss eine Abschiebung bei Personen, die mehr als ein Jahr lang geduldet wurden, grundsätzlich (bei Widerruf der Duldung, es gibt Ausnahmen) vorher noch einmal angekündigt werden. Dadurch sollen die schon länger in Deutschland lebenden Menschen sich beraten lassen können, gegebenenfalls eine Wohnung auflösen oder einen Job kündigen, den Schulbesuch der Kinder abmelden, sich verabschieden und/oder eine freiwillige Ausreise organisieren können, um die Abschiebung zu vermeiden.

 

(Quelle: nds-fluerat.org)


Kontakt

Zuflucht - Ökumenische Ausländerarbeit e.V.

Berckstr. 27

28359 Bremen

 

Tel. : 0421 8007004

Fax: 0421 8356152

zuflucht@kirche-bremen.de

Newsletter

Unseren  monatlichen Newsletter können Sie hier abonnieren!

 

Spendenkonto

Zuflucht e.V.

IBAN: DE14 2905 0101 0011 8305 85

Swift-BIC SBREDE22XXX

 

Der Verein ist als gemeinnützig anerkannt und im Bremer Vereinsregister eingetragen unter VR 5198 HB