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Zwei Jahre nach Kriegsbeginn: PRO ASYL und Connection e.V. kritisieren Asyl-Ablehnungen russischer Verweiger*innen

Bild: pixabay.com
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Die Quote der Asyl-Anerkennungen hat sogar abgenommen, wie Zahlen des Bundesinnenministeriums zeigen. „Nach unseren Erkenntnissen trifft dies vor allem diejenigen Militär-dienstpflichtigen, die sich schon rechtzeitig vor einer Rekrutie-rung dem Zugriff des Militärs entzogen hatten. In letzter Kon-sequenz bedeutet das, dass deutsche Behörden russische Ver-weiger*innen dem russischen Militär zur Rekrutierung in einen völkerrechtswidrigen Krieg ausliefern werden“, so Rudi Fried-rich, Geschäftsführer des Kriegsdienstverweigerungs-Netz-werks Connection e.V.

 

Zuletzt hatte Connection e.V. im September 2023 eine Analyse vorgelegt, wonach mindestens 250.000 Militärdienstpflichtige aus Russland seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine das Land verlassen haben und Schutz in anderen Ländern suchen. Der größte Teil floh in südliche Nachbarstaaten wie Kasach-stan oder Georgien. Oft ist ihre Situation dort prekär, weil sie häufig nur einen zeitlich befristeten Aufenthaltsstatus haben.

 

Die Europäische Union hat zugelassen, dass Visaregelungen gegenüber militärdienstpflichtigen Russ*innen noch ver-schärft wurden, statt ihre Entscheidung gegen eine Teilnahme im Krieg zu unterstützen“, sagt Karl Kopp, Geschäftsführer von PRO ASYL. Laut Eurostat konnten daher zwischen Februar 2022 und Ende 2023 nur etwa 9.000 militärdienstpflichtige Männer aus Russland Asyl in einem Staat der Europäischen Union beantragen.

 

Das Bundesinnenministerium legte im September 2023 detail-lierte Zahlen zu männlichen Asylantragstellern in Deutschland zwischen 18 und 45 Jahren aus Russland vor. Für die ersten acht Monate 2023 kommt das Bundesinnenministerium zu dem Schluss, dass von 904 behandelten Anträgen lediglich elf positiv entschieden wurden, 33 wurden abgelehnt, in mehr als 800 Fällen wurden die Betroffenen auf das Asylverfahren in anderen Ländern wie Polen, Kroatien oder Finnland verwie-sen.

 

Damit ist die Anerkennungsquote von 2022 auf 2023 sogar noch gefallen. Gab es im Jahr 2022 zumindest noch 40 Prozent positive Entscheidungen bei den inhaltlich geprüften Asyl-anträgen, so nahm die Quote für Januar bis September 2023 ab und betrug nur noch 25 Prozent.

 

Connection e.V. und PRO ASYL sind insbesondere alarmiert darüber, mit welchen Begründungen das BAMF Asylanträge von Militärdienstentzieher*innen ablehnt. In einem Bescheid vom 29. September 2023 führt das Amt bei einem Reservisten, der bereits einen Einberufungsbescheid erhalten hatte, aus, es ergebe sich „alleine aus der Verweigerung der Teilmobilisie-rung keine Verfolgungshandlung“. Es sei zwar nicht auszu-schließen, „dass im Rahmen des Ukrainekrieges und im weite-ren Verlaufe des Kriegsgeschehens härtere Bestrafungen ge-gen Mobilisierungsentzieher ausgesprochen werden. Eine konkrete Durchsetzung ist nach aktueller Rechtslage jedoch nicht beachtlich wahrscheinlich.

 

Abgesehen von einer möglichen Strafverfolgung wird jedoch auf den entscheidenden Umstand überhaupt nicht eingegan-gen: Der Antragsteller würde bei seiner Rückkehr nach Russ-land mit großer Sicherheit in den völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine eingezogen. Urteile der Verwaltungsgerich-te Halle und Berlin zeigen, dass dies sehr wohl zu einer Aner-kennung führen muss.

 

Die Praxis des Bundesamtes zeigt, dass die Ankündigungen aus der Politik, sich für eine Anerkennung der russischen Verweiger*innen einzusetzen, nicht viel wert sind. „Offensicht-lich gibt es Anerkennungen nur bei Deserteur*innen, wie vom Bundesinnenministerium angekündigt. Die große Zahl der Militärdienstentzieher*innen wird jedoch abgelehnt. Das ist ein unerträglicher Zustand“, so Rudi Friedrich, Geschäftsführer von Connection e.V.

 

PRO ASYL und Connection e.V. fordern von der deutschen Bun-desregierung, Möglichkeiten zu schaffen, Schutz und Asyl für Kriegsdienstverweigerer, Militärdienstentzieher und Deserteu-re zu garantieren. Dazu gehört:

 

  • Russische Staatsbürger*innen müssen auch von Ländern außerhalb Russlands, wo ihnen eine Abschiebung nach Russland droht, Anträge zur Aufnahme in die Europäische Union stellen können. Ihnen sollte der Weg zu humanitären Visa ermöglicht werden.
  • Keine Pushbacks! Eine Aufnahme Schutzsuchender kann nur gelingen, wenn die illegalen Pushbacks gestoppt werden und die Menschen Zugang zu einem fairen Asyl-verfahren erhalten. Aber die derzeitigen Regelungen für eine Visavergabe hindern viele daran, sichere Länder zu erreichen.
  • Mit Blick auf Asyl oder einen anderen Aufenthaltsstatus müssen die EU-Länder nicht nur Kriterien für Deser-teur*innen entwickeln, sondern vor allem Lösungen für die größere Zahl der Militärdienstentzieher*innen finden. Sie wären bei einer zwangsweisen Rückkehr nach Russ-land einer Rekrutierung für einen völkerrechtswidrigen Krieg unterworfen.
  • Die EU sollte ein Aufnahmeprogramm beschließen, damit diejenigen russischen Staatsbürger*innen, die sich unter großem Risiko von der Regierung ihres Landes abge-wandt haben, Möglichkeiten der Ausbildung und Beschäf-tigung erhalten.

 

Weitere Informationen finden Sie im Hintergrundtext von Connection e.V. „Russinnen und Russen, die sich dem Krieg verweigern“ sowie auf der PRO ASYL-Homepage in einer gekürzten Fassung.

 

PRO ASYL und Connection e.V. sind Teil der #ObjectWar-Campaign, mit der sich europaweit mehr als 100 Organisatio-nen für Schutz und Asyl von Kriegsdienstverweiger*innen und Deserteur*innen aus Russland, Belarus und der Ukraine einsetzen.

 

(Quelle: proasyl.de)


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