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Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Flüchtlingsrecht • 15.3.2024 Duldung ohne Ausreisepflicht

Bild: pixabay.com
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Das Rückführungsverbesserungsgesetz beschäftigt weiter die Rechtsprechung, in der es in dieser Woche gleich zweimal um die Auslegung des neuen § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG geht, wonach das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Abschiebungsandrohung u.a. (nur) erlässt, wenn der Abschie-bung keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse ent-gegenstehen, nämlich das Kindeswohl, familiäre Bindungen oder der Gesundheitszustand des Ausländers. Spannend ist dabei, dass für die Feststellung solcher Abschiebungshinder-nisse jedenfalls für Altfälle eine konkurrierende Zuständigkeit von Bundesamt und Ausländerbehörden angenommen wird. Außerdem reißt die schier endlose Reihe von Entscheidungen zu Italien nicht ab - diese Woche geht es unter anderem um den Umgang mit Familien in Anerkannten-Fällen und um eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zu den Folgen der italienischen Dublin-Rundschreiben.

 

Dublin-Verfahren usw.

Italienische Dublin-Rundschreiben vor dem EuGH

 

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat mit Beschluss vom 14. Februar 2024 (Az. 11 A 1255/22.A) den Europäischen Ge-richtshof zur Klärung der Frage angerufen, ob die seit Dezem-ber 2022 bestehende Weigerung Italiens, Schutzsuchende im Wege von Dublin-Überstellungen (wieder) aufzunehmen, zur Annahme einer systemischen Schwachstelle im italienischen Asylsystem führen muss. Falls diese Frage zu verneinen sein sollte, möchte das OVG außerdem wissen, wie der Zustand des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien beur-teilt werden können, wenn mangels tatsächlich durchgeführ-ter Dublin-Überstellungen letztlich nur eine hypothetische Beurteilung möglich ist.

 

Die Vorlage setzt einen vorläufigen Schlusspunkt unter die inzwischen gefühlt unendlich ausdifferenzierte Rechtspre-chung deutscher Verwaltungsgerichte zum Umgang mit den italienischen Dublin-Rundschreiben von Dezember 2022, in denen Italien die Mitwirkungen an Dublin-Überstellungen ausgesetzt hatte. Zuletzt hatte das Bundesverwaltungsgericht u.a. mit Beschluss vom 7. November 2023 (Az. 1 B 34.23) die bisherige Rechtsprechung des OVG Münster kritisiert und auf-gehoben, weil es aus der italienischen Weigerung ohne Weite-res eine systemische Schwachstelle ableiten wolle. Das OVG Münster, so das Bundesverwaltungsgericht, habe zwar aus-führlich die fehlende Aufnahmebereitschaft Italiens dargelegt, nicht aber eine daraus folgende Gefahr der extremen materiel-len Not für den Einzelnen, vielmehr blieben die Lebensum-stände in Italien im Ergebnis offen (siehe ausführlich HRRF-Newsletter Nr. 125). Danach hatte etwa bereits das Verwal-tungsgericht Gelsenkirchen in seinem Beschluss vom 29. Dezember 2023 (Az. 1a L 1896/23.A) auf die praktischen Schwierigkeiten hingewiesen, die der Ansatz des Bundesver-waltungsgerichts in Hinblick auf die Beurteilung rein hypo-thetischer Dublin-Überstellungen haben muss.

 

Das OVG Münster hat beim EuGH die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens beantragt, weil mit Blick auf die große Zahl der in Deutschland aufhältigen Flüchtlinge, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt hätten, für die aber zunächst Italien zuständig sei, eine rasche Klärung erforderlich sei. Außerdem erwähnt das OVG in seinem Beschluss, dass es auch in einem Parallelverfahren (Az. 11 A 1080/22.A) den EuGH angerufen hat.

 

Dublin-Verfahren usw.

Tatsächliche Verhältnisse in Italien immer noch Ausdruck systemischer Mängel

 

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bleibt in seinem Urteil vom 22. Februar 2024 (Az. 1a K 3331/23.A) bei seiner bereits im Dezember 2023 geäußerten Ansicht (siehe den Beschluss vom 29. Dezember 2023, Az. 1a L 1896/23.A), dass eine hypotheti-sche Betrachtung der Situation von Schutzsuchenden in Ita-lien im Ergebnis zur Annahme einer systemischen Schwach-stelle im italienischen Asylsystem führen würde (siehe aus-führlich HRRF-Newsletter Nr. 127), erläutert seine Annahmen nun aber ausführlicher. Außerdem schließt es sich nun dem OVG Münster an, dass bereits die bloße Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Italien zur Annahme einer syste-mischen Schwachstelle führe, ohne dass eine hypothetische Betrachtung der Situation von Schutzsuchenden erforderlich sein soll, und will Schutzsuchende auch weiterhin nicht auf die Möglichkeit (vorübergehender) Tätigkeit in der sogenann-ten „Schattenwirtschaft“ verweisen, weil bereits das der Euro-päischen Union innewohnende Prinzip gemeinsam geteilter Werte, nämlich konkret der Rechtsstaatlichkeit, es einem Mitgliedsstaat verbiete, Asylsuchende darauf zu verweisen, in einem anderen Mitgliedsstaat die dortige Rechtsordnung zu missachten.

 

Dublin-Verfahren usw.

In Anerkannten-Fällen keine Rückkehr als Familienverband anzunehmen

 

Der Verwaltungsgerichtshof München hält in seinem Urteil vom 4. März 2024 (Az. 24 B 22.30376) nichts davon, die Recht-sprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rückkehr als Familienverband auf Anerkannten-Fälle anzuwenden, d.h. auf solche Fälle, in denen in einem anderen EU-Mitgliedstaat Schutzberechtigte in Deutschland einen weiteren Asylantrag gestellt haben. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-gerichts finde nur bei der Prüfung von nationalen Abschie-bungsverboten in den Herkunftsstaat Anwendung und sei we-der auf die Prüfung nach Art. 4 GRCh i.V.m. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG noch auf die Prüfung eines nationalen Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich eines schutzgewähren-den EU-Mitgliedstaats zu übertragen. Daher seien in eine Ge-fahrenprognose in personeller Hinsicht grundsätzlich nur die Adressaten der Unzulässigkeitsentscheidung einzustellen, nicht aber deren Familienangehörige, denen in der Bundesre-publik ein Schutzstatus zuerkannt, zu deren Gunsten natio-naler Abschiebungsschutz festgestellt oder deren Aufenthalt aus anderen Gründen derzeit erlaubt sei. In gleicher Weise sei die Prognose vorzunehmen, wenn anlässlich einer Unzuläs-sigkeitsentscheidung das Vorliegen eines nationalen Abschie-beverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich des schutz-gewährenden Mitgliedstaats geprüft werde.

 

Außerdem erfasse eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Nr. 3 der EU-Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG wegen Art. 6 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Rückführungsrichtlinie auch Abschiebungsandrohungen, die nach § 35 AsylG einen Mit-gliedstaat der Europäischen Union als Zielstaat nennen wür-den. Entsprechend diene die Änderung des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG durch das Rückführungsverbesserungsgesetz auch der Umsetzung der Rückführungsrichtlinie, so dass bei dessen Auslegung die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Euro-päischen Union zu Art. 5 Rückführungsrichtlinie zu beachten sei.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision in dem Verfahren gleich zweimal zugelassen: Zum einen als Tatsachenrevision gemäß § 78 Abs. 8 Satz 1 AsylG, weil er im Rahmen der Über-prüfung der Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in der Beurteilung der allgemeinen abschiebungs-relevanten Lage in Italien von deren Beurteilung durch das Oberverwaltungsgericht Münster (siehe dessen Urteil vom 20. Juli 2021, Az. 11 A 1674/20.A) abweicht. Zum anderen wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zwei Fragen, ob für die Prognose des Bestehens der ernsthaften Gefahr einer Behand-lung im Sinne von Art. 4 GRCh im Rahmen einer Unzulässig-keitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG davon auszu-gehen sei, dass nur der oder die Adressaten einer Unzulässig-keitsentscheidung, nicht aber darüber hinaus die Rückkehr weiterer Mitglieder einer im Bundesgebiet in familiärer Ge-meinschaft lebenden Kernfamilie anzunehmen sei, und ob bei der Prüfung eines nationalen Abschiebungsverbots für die Prognose der bei einer Rückkehr drohenden Gefahren davon auszugehen sei, dass eine im Bundesgebiet in familiärer Ge-meinschaft lebende Kernfamilie im Familienverband in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zurückkehren werde, obwohl diese Familienmitglieder über eine Aufent-haltserlaubnis für das Bundesgebiet verfügten.

 

Asylverfahrensrecht

Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens zum Schutz des Familienlebens

 

Mit einem bunten Strauß aktueller asylverfahrensrechtlicher Probleme beschäftigt sich das Verwaltungsgericht München in seinem Gerichtsbescheid vom 6. März 2024 (Az. M 10 K 24.30366) im Kontext der Wahrung von Familieneinheit nach Abschluss eines Asylverfahrens. Aus Europarecht ergebe sich zwar kein Grundsatz, wonach der Schutz des Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK ein zielstaatsbezogenes Abschiebungs-verbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könne, weil sich das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung von natio-nalem Recht nur auf solches nationales Recht erstrecke, das von Europarecht determiniert bzw. erfasst sei, was bei § 60 Abs. 5 AufenthG nicht der Fall sei. Zur Gewährleistung des Schutzes des Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK folge jedoch aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Febru-ar 2023 (Rs. C‑484/22) ein Anspruch auf das Wiederaufgreifen eines Asylverfahrens in Hinblick auf die Aufhebung von Ab-schiebungsandrohungen sowie der hieran anknüpfenden Ein-reise- und Aufenthaltsverbote.

 

In zeitlicher Hinsicht dürfte dabei zum einen auf allgemeiner Ebene die tradierte Einschätzung, dass Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union per se keine Änderung der Rechtslage begründen könnten, wegen des Urteils des Gerichtshofs vom 8. Februar 2024 (Rs .C-216/22) wohl nicht mehr uneingeschränkt zutreffen (siehe dazu HRRF-Newsletter Nr. 131). Zum anderen stelle jedenfalls der seit dem 27. Febru-ar 2024 geltende § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG n.F. eine Rechts-lagenänderung dar, die im Kontext des Wiederaufgreifens ei-nes Asylverfahrens zu berücksichtigen sei.

 

In Hinblick auf die alternative Möglichkeit, statt eines Wieder-aufgreifen des Asylverfahrens bei der zuständigen Ausländer-behörde eine Duldung aus Rechtsgründen (§ 60a Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AufenthG) wegen eines inländischen Abschiebungshin-dernisses geltend zu machen, sei eine Duldung schon begriffs-mäßig nur eine befristete Aussetzung der Abschiebung, wel-che die Ausreisepflicht des Ausländers unberührt lasse, wäh-rend mit einem Wiederaufgreifensantrag im Erfolgsfall die Ausreisepflicht insgesamt beseitigt werden könnte. Dabei sei eine „Duldung ohne Ausreisepflicht“, die sonst wohl nur als Folge einer Titelversagung in Fällen des § 25 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 AufenthG bzw. § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ohne gleichzeitiges Vorliegen einer anderweitigen Rückkehrent-scheidung vorkommen dürfte, zwar statusmäßig nicht per se höherwertiger als eine „Duldung mit Ausreisepflicht“, bringe aber eben doch einige weitere Vorteile mit sich. So wären bei einer Aufhebung der Abschiebungsandrohung nicht nur das hieran anknüpfende Einreise- und Aufenthaltsverbot aufzu-heben, sondern auch bestimmte ordnungsrechtliche Verfü-gungen bzw. Beschränkungen dann nicht mehr möglich.

 

Ein auf die Aufhebung der Abschiebungsandrohung und der hieran anknüpfenden Einreise- und Aufenthaltsverbote ge-richteter Wiederaufgreifensantrag sei auch nicht unzulässig. Es sei zwar richtig, dass nach der Vorstellung des Rückfüh-rungsverbesserungsgesetzes mit der neu geschaffenen Rege-lung des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG weiterhin zwischen der asyl- und ausländerrechtlichen Prüfzuständigkeit differenziert werden solle und hinsichtlich bestandskräftiger Altfälle die Ausländerbehörden als „sachnäher“ als das Bundesamt be-trachtet würden. Eine trennscharfe Aufteilung zwischen asyl- und ausländerrechtlicher Zuständigkeit im neu geschaffenen § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG sei für bestandskräftige Altfälle je-doch nicht ausreichend abgesichert worden und es existiere auch keine Übergangsregelung. Es spreche daher manches dafür, dass der Verzicht des Gesetzgebers auf Aufnahme einer Übergangsregelung zu § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG n.F. für bestandskräftige Altfälle sehenden Auges die Möglichkeit von Betroffenen in Kauf nehme, Wiederaufgreifensanträge an das Bundesamt mit dem Ziel stellen zu können, die vorgesehene Befassung der Ausländerbehörden im Kontext des § 60a Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AufenthG zu umgehen.

 

Es bestehe eher das praktische Problem, dass Betroffene einer bestandskräftigen Abschiebungsandrohung nicht nur alterna-tiv, sondern auch kumulativ im Weg der Geltendmachung eines Duldungsanspruchs bei der zuständigen Ausländerbe-hörde und beim Bundesamt im Weg des Wiederaufgreifens des Verfahrens nachträglich inlandsbezogene Sachverhalte geltend machen könnten. Da aber nach allem der Rückgriff auf die allgemeinen Regeln in § 51 VwVfG vom Gesetzgeber in § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG n.F. mangels Aufnahme einer Über-gangsregelung für bestandskräftige Altfälle nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden sei, könne Betroffenen die Zulässig-keit eines Wiederaufgreifensantrags nicht mit dem Einwand abgesprochen werden, die Ausländerbehörden seien die sach-nähere Behörde.

 

Asylverfahrensrecht

Auch bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen Prozesskostenhilfe nur bei Erfolgsaussicht

 

Auch im Fall eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings sind die hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfol-gung im Prozesskostenhilfeverfahren zu prüfen, sagt das Ver-waltungsgericht Weimar in seinem Beschluss vom 9. Februar 2024 (Az. 2 K 911/23 We). Weder aus Art. 25 EU-Asylverfahrens-richtlinie 2013/32/EU und Art. 47 GRCh noch aus der UN-Kin-derrechtskonvention und der Genfer Flüchtlingskonvention sei ein Anspruch unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge auf unentgeltliche Rechtsberatung unabhängig von den Erfolgs-aussichten ihrer Asylanträge abzuleiten.

 

Asylverfahrensrecht

Keine isolierte Aufhebung der Bestandskraft eines Verwaltungsaktes

 

Das Verwaltungsgericht Hamburg führt in seinem Gerichtsbe-scheid vom 15. Februar 2024 (Az. 5 A 5303/23) aus, dass die Rechtsordnung keine isolierte Aufhebung der Bestandskraft eines Verwaltungsaktes kennt. Eine Bestandskraftmitteilung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge an eine Auslän-derbehörde und ihre nachträgliche Aufhebung seien lediglich Wissenserklärungen; wenn das Bundesamt in einem solchen Schreiben formuliere, dass eine „bereits mitgeteilte Bestands-kraft aufgehoben“ werde, sei damit ersichtlich lediglich ge-meint, dass eine vorherige Bestandskraftmitteilung aufgeho-ben werden solle.

 

Aufenthaltsrecht

Maßregel ist keine Freiheitsstrafe

 

Eine Unterbringung als Maßregel der Besserung und Siche-rung ist keine Freiheitsstrafe im Sinne von § 60 Abs. 8 S. 1 AufenthG und kann die Anerkennung als Flüchtling darum nicht verhindern, sagt das Verwaltungsgericht Kassel in sei-nem Urteil vom 16. Februar 2024 (Az. 1 K 1417/21.KS.A). Der Begriff der Freiheitsstrafe sei „technisch“ im Sinne der §§ 38, 39 StGB zu verstehen, und wenngleich die Unterbringung nach § 63 StGB aufgrund eines Sicherungsverfahrens aus laienhaf-ter Perspektive in ihrer faktischen Bedeutung für den Betrof-fenen vergleichbare Auswirkungen haben möge wie eine Frei-heitsstrafe, werde sie nicht von dem Begriff der Freiheitsstrafe in § 60 Abs. 8 S. 1 Alt. 2 AufenthG umfasst. Hätte der Gesetzge-ber dies aufgrund der Zielrichtung der Ausschlussnorm beab-sichtigt, wäre die Ergänzung des Tatbestandes um den Zusatz „oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähig-keit erwiesen oder nicht auszuschließen ist“ ohne Not möglich gewesen. Solche Hilfsformulierungen seien anderen Bundes-gesetzen durchaus bekannt, von einer redaktionellen Unge-nauigkeit könne derweil auch nicht ausgegangen werden, weil der Gesetzgeber die Art der vorausgesetzten Tat in der Ent-wicklungshistorie der Norm doch mehrmals angepasst habe.

 

Aufenthaltsbeendigung

Verstärkter Ausweisungsschutz für langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige

 

Der durch die Daueraufenthaltsrichtlinie 2003/109/EG gewähr-te Schutz von Drittstaatsangehörigen, die in einem EU-Mit-gliedstaat langfristig aufenthaltsberechtigt sind, greift auch dann, wenn sich solche Drittstaatsangehörigen unter Verstoß gegen ein Einreiseverbot im Hoheitsgebiet eines anderen EU-Mitgliedstaats aufhalten und dort auch keinen Aufenthaltstitel nach Kapitel III der Richtlinie beantragt haben, sagt der Euro-päische Gerichtshof in seinem Urteil vom 14. März 2024 (Rs. C-752/22). Daraus folge, dass sich auch solche Drittstaatsange-hörigen auf den verstärkten Ausweisungsschutz aus Art. 12 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie berufen könnten.

 

(Quelle: newsletter@hrrf.de)


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