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PRO ASYL: Britische Regierung mit Ruanda-Gesetz auf gefährlichem Kollisionskurs mit Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten

Bild: pixabay.com
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Die britische Regierung treibt den Deal mit Ruanda auf Teufel komm raus voran, obwohl Abschiebungen in das Land eindeu-tig rechtswidrig sind, die Zusammenarbeit extrem teuer ist und der Deal in der Praxis absehbar nicht funktionieren wird. Das ist ein dunkler Tag für den Flüchtlingsschutz und für den britischen Rechtsstaat. Es ist erschreckend, dass auch deut-sche Politiker und Politikerinnen diesem zerstörerischen Plan nacheifern und die Illusion nähren, durch solche Modelle ließe sich Flucht verhindern. Vorausschauender wäre es, sich statt-dessen für eine effektive Unterstützung der Kommunen und für mehr sichere Fluchtwege einzusetzen“, kommentiert Wieb-ke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL.

 

Mit dem Gesetz über die Sicherheit von Ruanda (Asyl und Ein-wanderung) wird rechtlich festgeschrieben, dass Ruanda ein „sicherer Drittstaat“ für Flüchtlinge sei. Dabei hat der britische Supreme Court erst im November 2023 die konkrete Gefahr festgestellt, dass Flüchtlinge von Ruanda aus in ihre Heimat-länder und damit in die Verfolgung abgeschoben werden könnten. Geklagt hatten unter anderem Geflüchtete aus Sy-rien und dem Iran. Genau solche Kettenabschiebungen in die Verfolgerstaaten sind im Zuge einer früheren ähnlichen Zu-sammenarbeit zwischen Israel und Ruanda passiert, wie der Supreme Court feststellte.

 

Darüber hinaus soll mit dem Gesetz die Wirkung der Euro-päischen Menschenrechtskonvention für Ruanda-Abschie-bungsfälle außer Kraft gesetzt werden. Die Einhaltung von einstweiligen Anordnungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der im Juni 2022 einen ersten Ab-schiebungsversuch nach Ruanda in letzter Minute gestoppt hatte, soll für die britische Regierung nur noch optional sein.

 

Nachdem der Gesetzentwurf in den letzten Wochen zwischen Unter- und Oberhaus feststeckte, hat das Oberhaus nun nach-gegeben. Bis zuletzt hatte es unter anderem Ausnahmen für britische Ortskräfte, etwa aus Afghanistan, sowie einen unab-hängigen Expert*innenausschuss gefordert, der die Sicherheit Ruandas beurteilen sollte. Diese Forderungen wurden in der Nacht aufgegeben.

 

Mit dem Gesetz untergräbt die britische Regierung nicht nur den weltweiten Flüchtlingsschutz, indem sie versucht, sich aus der eigenen Verantwortung für Schutzsuchende zu steh-len, sondern auch den europäischen Menschenrechtsschutz. Menschenrechte gelten nicht nur dann, wenn sie Regierungen bequem sind. Es ist fatal, dass die britische Regierung ihre verfehlte Politik über das Recht stellt“, so Judith.

 

PRO ASYL verurteilt Versuche der Auslagerung des Flücht-lingsschutzes wie den der britischen Regierung als Verstoß gegen die internationale Verantwortungsteilung, der sich Staa-ten mit der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet haben. In der Praxis führen solche Deals regelmäßig zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen, wie etwa Abschiebungen trotz drohender Gefahren für Leib und Leben („refoulement“ ge-nannt) oder auch willkürliche Inhaftierungen. In England zeigt sich zudem, welche negativen Auswirkungen solche Politikan-sätze bereits heute haben – selbst wenn noch keine einzige Person nach Ruanda abgeschoben wurde:

 

Seit einer Gesetzesänderung 2023 ist das britische Innenminis-terium verpflichtet, Asylanträge als unzulässig abzulehnen, da andere Länder für die in England ankommenden Schutzsu-chenden sicher seien. Das führt dazu, dass Tausenden Men-schen der Schutz verweigert werden wird, obwohl sie abseh-bar nie nach Ruanda abgeschoben werden können. Die Zahl nicht bearbeiteter Asylanträge ist seit 2020 – dem Start der Ruanda-Politik – stark gestiegen. Amnesty International spricht deswegen auch davon, dass die britische Regierung mit ihrem Plan schon jetzt das englische Asylsystem ruiniert habe.

 

Neben den menschenrechtlichen Gründen gegen die Abschie-bungen gibt es auch ganz praktische Gründe, warum der Plan scheitern wird: Laut Medienberichten kann Ruanda aktuell nur circa 300 Personen pro Jahr aufnehmen. Das sind weniger als 0,5 Prozent der Menschen, die 2023 in England um Asyl nach-gesucht haben. Für die britischen Aufnahmestrukturen wird der Deal also keinen spürbaren Unterschied machen.

 

Gleichzeitig sind die Kosten für die Zusammenarbeit mit Ruanda und die Abschiebungen enorm: Laut des nationalen Rechnungshofs würde England die Umsetzung des Deals über eine halbe Milliarde Euro kosten. Selbst wenn niemand abge-schoben werden sollte, hat die britische Regierung Ruanda die Zahlung von über 430 Millionen Euro versprochen.

 

Die Angst davor, nach Ruanda abgeschoben zu werden, hat schon jetzt einen massiven Einfluss auf die psychische Ge-sundheit von schutzsuchenden Menschen im Vereinigten Königreich. Seit 2020 gab es doppelt so viele Suizide von Asylsuchenden in Flüchtlingsunterkünften, als in den vier Jahren zuvor.

 

Laut dem britischen Refugee Council führt die Angst vor Ab-schiebungen nach Ruanda dazu, dass Schutzsuchende ver-suchen auf noch gefährlicheren Wegen nach England zu kom-men, um nicht von den Behörden entdeckt zu werden. Statt Asyl zu beantragen, leben sie in der Illegalität, um nicht inhaf-tiert und abgeschoben zu werden. So meiden Geflüchtete be-reits jetzt den Kontakt zu lebenswichtigen gesetzlichen Dienst-leistungen und selbst zu Wohltätigkeitsorganisationen. Damit steigt die Gefahr von Missbrauch und Ausbeutung.

 

(Quelle: proasyl.de)


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