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Verwaltungsgericht Düsseldorf missbraucht seine Position und befeuert rechtspopulistische Migrationsdebatte

Bild: pixabay.com
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Im April 2024 veröffentlichte das Verwaltungsgericht Düssel-dorf (VG) eine Jahrespresseinformation und kommentierte die Zunahme von asyl- und ausländerrechtlichen Verfahren im Jahr 2023. Nach einer Auflistung von Anzahl und Dauer der Verfahren folgt eine zweifelhafte politische Einordnung. Diese überschreitet die Grenzen eines objektiven Berichts deutlich. Anstatt einen umfassenden Überblick über die Tätigkeit des Gerichts zu geben, verbreitet das VG rechtspopulistische An-sichten zur Migrationspolitik.

 

Als RAV Regionalgruppe NRW, Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. und Abschiebungsreporting NRW fordern wir:

  • uneingeschränkten Zugang zum Recht,
  •  effektive Verfahrensgarantien,
  • eine Aufhebung der Rechtsschutzverkürzungen der letzten Jahre,
  •  sowie Gerichte, die den Schutz der Betroffenen als ihre ureigene Aufgabe ansehen.

Das Gericht stellt lediglich einige ausgewählte Zahlen aus dem Bereich des Asylrechts vor, wobei es sich vor allem gegen lan-ge Verfahrensdauern zu wehren versucht und dann mit der Aussage abschließt, „[es könne nur] – zum wiederholten Male – darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Probleme der Massenmigration so lange andauern werden, wie einerseits die Einwanderung in die Europäische Union nicht wirksam be-grenzt wird und andererseits Rückführungen in die Heimatlän-der trotz negativer Gerichtsentscheidungen nur in unzurei-chender Zahl stattfinden.

 

Diese Aussage ist weit entfernt von einer fundierten und sach-kundigen Auseinandersetzung, die einem Gericht zusteht. Vielmehr stimmt das VG ein in die rechtspopulistische Kako-phonie, die den öffentlichen Diskurs schon viel zu lange be-stimmt. Das VG missbraucht hier seine dienstliche Infra-struktur, um politische Meinungsmache im Bereich der Migra-tionspolitik zu machen. Wortwahl und Duktus des Jahresrück-blicks lassen Zweifel aufkommen, wie unabhängig das Gericht ist und ob am VG Düsseldorf noch unbefangen über asylrecht-liche Fälle entschieden werden kann.

 

Zurecht erinnert das Gericht daran, dass nach der Dublin III-Verordnung das von EU-Mitgliedstaaten umgebene Deutsch-land für kaum ein Asylverfahren zuständig sei, sondern das Land der Erstaufnahme. Das VG beklagt dabei aber, dass 2023 knapp ein Drittel aller 1,14 Millionen Asylanträge in der Euro-päischen Union in der BRD gestellt worden seien, nämlich cir-ca 352.000.

 

Das Dublin-System ist aus unserer Sicht ungerecht und unsoli-darisch. Dass es in der Praxis nicht funktioniert, scheint das Gericht zu bedauern.

 

Das Bild, das das Verwaltungsgericht zeichnet, ist unvollstän-dig und damit teilweise verzerrt. So seien etwa asylrechtliche Klagen in 2023 zu 17,8 Prozent erfolgreich, zu 5,4 Prozent teil-weise erfolgreich gewesen. 33,5 Prozent der Asylklagen seien abgewiesen worden, weitere 23 Prozent zurückgenommen worden; die übrigen Verfahren seien auf andere Weise erledigt worden.

 

Aus fachlichen Kreisen wird zurecht angemerkt, dass die von BAMF und Bundesregierung veröffentlichte Schutzquote da-hingehend bereinigt werden muss, dass von dieser die rein formellen Zuständigkeitsentscheidungen abgezogen werden müssen, da diese nichts über den asylrechtlichen Schutzbe-darf an sich aussagen (vgl. etwa die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke vom 21.07.2023, Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das erste Halbjahr 2023). Diese etwa in 2022 um rund 16 % höher liegende Quote sollte insbesondere deswegen in den Blick genommen werden, da das Gericht sich in seinem Jahresrückblick bemüßigt fühlt, sich für eine mög-lichst effektive Abwehr von Geflüchteten auszusprechen. Das VG verschweigt hingegen strukturelle Defizite beim Bundes-amt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die regelmäßig zu einer signifikant hohen Rechtswidrigkeitsquote sowie der Not-wendigkeit von Untätigkeitsklagen führen, wodurch die Ver-fahren oft überhaupt erst zu Gericht gelangen.

 

Das VG differenziert den Bereich der sonstigen Erledigungen nicht genauer. Darunter fällt etwa, wenn die Verfahren von Fa-milienangehörigen zusammengelegt werden, ein Schutzstatus im Einvernehmen mit dem BAMF erteilt wird oder aber ent-schieden wird, dass das Asylverfahren in Deutschland durch-zuführen ist, den Klagenden hier also Recht gegeben wird.

 

Sogenannte sonstige Verfahrenserledigungen der Gerichte be-inhalten also keine Aussage zur Schutzbedürftigkeit der Be--troffenen und können daher nicht als Bestätigung der Ent-scheidung des BAMF gewertet werden, auch wenn dies impli-ziert sein mag.

 

Der Jahresrückblick hält nicht erfolgende Abschiebungen in die „sicheren Herkunftsstaaten“ mitursächlich für die „Prob-leme der Massenmigration“. Dieser Schluss ist – neben der be-reits erwähnten Befeuerung rassistischer Hetze – sowohl in ei-nem Jahresrückblick unangemessen als auch sachlich falsch:

 

Ob ein Staat als ein sicherer Herkunftsstaat eingeordnet wer-den kann, ist sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht schwierig. Die Voraussetzungen hierfür sind hoch: Aufgrund der aktuellen und umfassend geprüften Erkennt-nislage muss sichergestellt werden können, dass „generell und durchgängig“ keine Verfolgung zu befürchten ist, ebenso wenig Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Es darf auch keine Bedrohung durch willkürliche Gewalt in Situationen bewaffneter Konflikte bestehen. Europarechtlich besteht daher die Verpflichtung der Mitglied-staaten zur regelmäßigen Überprüfung der Lage auf empiri-scher Grundlage.

 

Das Gericht befürwortet offensichtlich die Aufhebung und Ver-kümmerung von Rechten. Nicht anders kann der Jahresrück-blick eines Verwaltungsgerichts verstanden werden, das um die hohe Wertigkeit des effektiven Rechtsschutzes weiß – insbesondere in Verfahren, in denen es um die Existenz von Menschenleben geht.

 

Gerade ein Verwaltungsgericht weiß und verschweigt offen-sichtlich, dass das gerichtliche Verfahren zur Prüfung des asyl-rechtlichen Schutzstatus und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen zweierlei Dinge sind, es vielmehr weitere rechtliche Gründe für einen Verbleib in der BRD geben kann (aufenthaltsrechtliche Bleiberechte etwa aufgrund von Inte-gration, Familie oder Ausbildung, Rechte aus AEUV etc.). Es ist gerade Ausdruck von garantiertem Recht, dass auch nach ei-ner gerichtlichen Entscheidung weiterhin zu prüfen ist, ob die-se Entscheidung umgesetzt werden kann und darf, oder ob dies nicht der Fall ist. Der Ruf nach Verkürzung, schlicht Aufhe-bung dieses garantieren Rechtsschutzes durch ein Verwal-tungsgericht ist beängstigend.

 

(Quelle: grundrechtekomitee.de)


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