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Ein Jahr nach der Schiffskatastrophe vor Pylos: Weder Gerechtigkeit noch menschenwürdige Aufnahme für die Überlebenden

Bild: pixabay.com
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"Pylos war kein Unglück, das war eine orchestrierte Sterbebe-gleitung. Der Untergang der Adriana ist kein Einzelfall, son-dern die Spitze des Eisbergs einer europäischen Politik des Sterbenlassens. Die Beweise sind erdrückend, dass Griechen-land über 15 Stunden Lebensrettungsmaßnahmen verweigert hat. Gerechtigkeit heißt, die griechischen Verantwortlichen für den hundertfachen Tod zur Rechenschaft zu ziehen", sagt Karl Kopp, Geschäftsführer von PRO ASYL.

 

Überlebende, die mittlerweile in Deutschland leben, haben gestern bei einer Pressekonferenz sowie bei einem Treffen mit Abgeordneten im Bundestag ihre Forderungen deutlich formu-liert:

 

"Wir wurden Zeugen der fürchterlichen Verletzungen der Men-schenrechte an Europas Grenzen. Wir fordern im Namen aller Überlebender und Toten die Einhaltung der internationalen Gesetze für die Aufnahme von Geflüchteten und deren Rettung auf dem Meer oder an den europäischen Landesgrenzen", sagte Naeef Al Saiasna, syrischer Militärdienstverweigerer und Überlebender der Katastrophe.

 

Hasan Al Jalam, ebenfalls syrischer Militärdienstverweigerer und Überlebender der Katastrophe sagt: "Es ist beschämend, über europäische Sitten zu reden, während Geflüchtete nicht mit einem Minimum an Menschlichkeit behandelt werden. Flucht ist ein Grundrecht! Unsere Tragödie darf sich nicht wie-derholen! Wir fordern, dass die Menschen, die dafür verant-wortlich sind, dass das Schiff sank, zur Rechenschaft gezogen werden. Wir fordern das Bergen der Schiffsruine aus dem Meer. Wir fordern, dass die griechische Regierung die Leichen, über die sie verfügt, ohne bürokratische Verkomplizierung an die Angehörigen herausgibt."

 

Acht geborgene Tote wurden bis heute nicht identifiziert, ins-gesamt 18 Tote wurden nicht beerdigt, weil den griechischen Behörden die Finanzmittel dafür fehlen. Refugee Support Aegean (RSA), die Partnerorganisation von PRO ASYL, versucht in Verhandlungen, diesen unwürdigen Umgang mit den Toten zu beenden.

 

"Die Überlebenden sind Opfer staatlichen Handelns. Es ist ein Skandal, dass sie weder in Griechenland noch in Deutschland eine adäquate medizinische und therapeutische Versorgung erhalten", kritisiert Karl Kopp.

 

Die Asylverfahren laufen schleppend, die Mehrheit der Über-lebenden in Deutschland haben bisher keinen Aufenthalts-status. Die in Asylverfahren vorgeschriebene Identifizierung besonderer Schutzbedürftigkeit hat nicht stattgefunden, ihnen wurden keine adäquaten medizinischen und psychothe-rapeutischen Behandlungen ermöglicht, obwohl deutsche Be-hörden wissen, dass sie Überlebende eines schwer traumati-schen Ereignisses sind. Viele haben Familienangehörige in Deutschland, die sie unterstützen könnten. Trotzdem wurden sie entfernt von ihnen in großen und abgelegenen Erstauf-nahmeeinrichtungen untergebracht.

 

Die zuständige Staatsanwaltschaft am Marinegericht von Pi-räus hat zwar die Vorermittlungen einer Anklage gegen Küs-tenwache-Bedienstete aufgenommen, aber bis dato sind diese nicht abgeschlossen.

40 Überlebende reichten am 13. September 2023 Strafanzeige gegen die griechische Küstenwache ein, 13 weitere schlossen sich an. Es ist ein jahrelanges Verfahren bis hin zu höchsten Gerichten zu befürchten, wie das über acht Jahre andauernde Verfahren beim ähnlich gelagerten Schiffsuntergang vor Farmakonisi 2014 zeigt.

 

Auch die Verantwortung von Frontex wurde bisher nicht aufge-arbeitet. Frontex war ebenso wie die griechische Küstenwache bereits 15 Stunden vor dem Untergang von der italienischen Rettungsleitstelle über die in Seenot geratene "Adriana" mit rund 750 Menschen an Bord informiert worden. Frontex löste jedoch nicht den Mayday-Seenotrettungsruf aus und die Küs-tenwache ergriff keinerlei Rettungsmaßnahmen. Übereinstimmenden Berichten von Überlebenden zufolge war ein Manöver der Küstenwache ursächlich für den Untergang der Adriana.

 

Vor den Augen der griechischen Küstenwache und unter Beo-bachtung der Luftüberwachung von Frontex ertranken schließlich über 600 schutzsuchende Frauen, Kinder und Män-ner. Nur 104 Menschen überlebten das Inferno.Das Ereignis reiht sich ein in immer wieder stattfindende Menschenrechts-verletzungen Griechenlands gegen Geflüchtete.

 

(Quelle: proasyl.de)


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