Die unterzeichnenden Organisationen - darunter der Flücht-lingsrat Schleswig-Holstein - sind zutiefst besorgt über die Drohung der litauischen Behörden, den belarussischen Kriegs-dienstverweigerer Vitali Dvarashyn und den belarussischen Deserteur Mikita Sviryd nach Belarus abzuschieben. Dort droht ihnen Verfolgung, Inhaftierung - und im Falle von Deser-tion - die Todesstrafe. Wir fordern die litauischen Behörden zum sofortigen Handeln auf, um die Abschiebung betroffener Personen nach Belarus zu verhindern und ihnen Asyl in Litau-en zu gewähren, wo sie seit Jahren Schutz suchen.
Der belarussische Kriegsdienstverweigerer Vitali Dvarashyn wurde, wie andere belarussische Asylsuchende in Litauen, im Jahr 2023 nach sieben Jahren Aufenthaltsgenehmigung in Litauen zu einer "Bedrohung der nationalen Sicherheit" er-klärt. In der Folge wurde er in einem Flüchtlingslager in Einzel-haft gehalten. Am 29. Mai 2024 wurde ihm Asyl mit der Begrün-dung verweigert, dass er in Belarus nicht in Gefahr sei. Am 13. Juni 2024 entkam er seiner Verhaftung und der Gefahr einer sofortigen Abschiebung und tauchte aus Angst unter.
Dem belarussischen Deserteur Mikita Sviryd wurde am 20. No-vember 2023 Asyl verweigert. Obwohl er wie Vitali Berufung eingelegt hat, wurde ihm nicht gestattet, seinen Fall in einer Anhörung vorzutragen. Das ist jedoch insbesondere wegen der Wiedereinführung der Todesstrafe in Belarus von großer Be-deutung. Er sucht daher verzweifelt nach Möglichkeiten, sein Leben zu schützen.
Wir fordern die litauischen Behörden auf, die Abschiebung von Vitali Davarshyn und Mikita Svyrid sowie aller anderer Deser-teur*innen und Kriegsdienstverweiger*innen nach Belarus dringend zu verhindern und ihnen einen angemessenen Schutz in Litauen zu gewähren.
Wie die UN-Sonderberichterstatterin zur Lage der Menschen-rechte in Belarus, Anais Marin, während der letzten Sitzung des UN-Menschenrechtsrates berichtet hat, ist die Menschen-rechtslage in Belarus alarmierend. Belarus ist kein sicheres Land für Kriegsdienstverweiger*innen und Deserteur*innen. Die UN-Sonderberichterstatterin hat zudem hervorgehoben, dass "die Regierung [von Belarus] weiterhin aktiv die militäri-sche Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine unterstützt".
Wir sind beunruhigt, dass solche Informationen von den litau-ischen Behörden nicht berücksichtigt werden. Stattdessen halten sie an der Überzeugung fest, dass eine Rückkehr nach Belarus für abgelehnte Deserteur*innen und Kriegsdienstver-weiger*innen sicher ist. "Das ist nicht wahr", erklärt Olga Ka-ratch vom Internationalen Zentrum für Bürgerinitiativen Nash Dom, "Vitali Dvarashyn und Mikita Svyrid drohen Verfolgung und Gefängnis, wenn sie gewaltsam nach Belarus zurückkeh-ren müssen. Für Deserteur*innen wie Mikita ist sogar die To-desstrafe möglich. Das muss mit allen Mitteln verhindert wer-den."
Auch sind wir zutiefst besorgt darüber, dass die litauische
Migrationsbehörde die Berichte des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte über die Menschenrechtslage in Belarus nicht für relevant hält.
Die strafrechtliche Verfolgung bei Kriegsdienstverweigerung, die ständigen Verletzungen des Menschenrechts auf Kriegs-dienstverweigerung und die Wiedereinführung der Todesstra-fe für Deserteur*innen sind deutliche Beweise dafür, dass Be-larus kein sicheres Land für Kriegsdienstverweiger*innen dar-stellt. Die unterzeichnenden Organisationen fordern Litauen auf, die Abschiebung von belarussischen Deserteur*innen und Kriegsdienstverweiger*innen unverzüglich zu verhindern und ihnen angemessenen Schutz zu gewähren.
Wie in den UNHCR-Richtlinien zum internationalen Schutz her-vorgehoben wird, haben Kriegsdienstverweiger*innen einen Anspruch auf den Flüchtlingsstatus, wenn sie in ihrem eigenen Land von Verfolgung bedroht sind. Dies gilt in vollem Umfang für belarussische Kriegsdienstverweiger*innen.
Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschen-recht, das mit dem Menschenrecht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit verbunden ist, so auch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Artikel 10 - Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Es sollte daran erinnert wer-den, dass in Belarus ein hohes Risiko der Rekrutierung und Mobilisierung zur Unterstützung des Angriffskrieges der Russi-schen Föderation in der Ukraine besteht, was zusätzlich eine Verletzung des internationalen Rechts darstellt.
Die unterzeichnenden Organisationen fordern Litauen und die anderen Mitglieder der Europäischen Union dringend auf,
Kriegsdienstverweiger*innen und Deserteur*innen uneinge-schränkt zu schützen, die aus Belarus fliehen, wo sie verfolgt werden und ihr Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht an-erkannt wird. Die europäischen Institutionen werden dazu aufgefordert, die vollständige Umsetzung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung in allen Mitgliedsstaaten sicherzu-stellen.
Unterzeichnet von:
Connection e.V., Our House - Belarus, War Resisters International (WRI), European Bureau for Conscientious Objection (EBCO), International Fellowship of Reconciliation (IFOR), Pressenza International, International Peace Bureau (IPB), Peace Tax International (CPTI) - Großbritannien, Internationale der Kriegsdienstgegner*innen (IDK) -Deutschland, Movimento Internazionale della Riconciliazione - Italien, Center on Conscience & War USA, BOCS Civilization Planning Foundation - Ungarn, Vrede vzw - Belgien, Centre pour Action Non-violente - Schweiz, Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit - Österreich, Kerk en Vrede - Niederlande, Sudanese Organization for Nonviolence and Development (SONAD) - Sudan, Association of Greek Conscientious Objectors - Griechenland, Arbeitsstelle Frieden und Umwelt der Evangelischen Kirche der Pfalz
(Protestantische Landeskirche) - Deutschland, Internationaler Versöhnungsbund, österreichischer Zweig - Österreich, Pax Christi Flanders - Belgien, Aseistakieltäytyjäliitto - The Finnish Union of Conscientious Objectors (AKL) - Finnland, Giuristi Democratici - Italien, Leuven Peace Movement - Belgien, Belgian Coalition Stop depleted uranium weapons - Belgien,
Center for Global Nonkilling - Schweiz, Un Ponte Per - Italien,
Conscientious Objection Watch - Türkei, Vredesactie - Belgien,
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. - Deutschland, Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. - Deutschland, Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen
(DFG-VK), Bund für Soziale Verteidigung (BSV) - Deutschland,
Günter Knebel, Vorstand Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V. - Deutschland, Horst-Peter Rauguth, Vorstand pax christi - Deutschland, Forum gewerkschaftliche Linke Berlin - Deutschland, Centro Studi Sereno Regis - Italien, Pax Christi Italia, Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin - Deutschland, Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V. - Deutschland, ACAT Deutschland (Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter), Initiative Solidarität für Pazifist:innen aus Osteuropa - Deutschland, ACAT Schweiz, Hessischer Flüchtlingsrat - Deutschland, Internationaler Versöhnungsbund, deutscher Zweig - Deutschland, Frauennetzwerk für Frieden - Deutschland, Bundesverband der Vietnamesischen Flüchtlinge in der Bundesrepublik
Deutschland, Forum Friedensethik in der Evangelischen Landeskirche in Baden (FFE) - Deutschland, Grazer Initiative für Frieden und Neutralität (GIFFUN) - Österreich, pax christi Rottenburg-Stuttgart - Deutschland, graswurzelrevolution - Deutschland, Netzwerk Friedenskooperative - Deutschland, Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges -
Ärzt*innen in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW) Deutschland
Weitere Informationen zu den genannten Einzelfällen:
(Quelle: frsh.de)