Besonders alarmierend sind die weitreichenden Verschärfun-gen bei Freiheitsbeschränkungen und Inhaftierungen von Schutzsuchenden, darunter auch von Kindern. PRO ASYL for-dert eine umfassende Überarbeitung des Entwurfs, um den Schutz von Geflüchteten sicherzustellen.
„Wir stehen vor einem Rückschritt für den Schutz geflüchteter Menschen in Deutschland, grundlegende Menschen- und Flüchtlingsrechte werden weiter beschnitten. Der vorliegende Entwurf geht weit über das hinaus, was die GEAS-Reform ver-langt, und setzt auf eine unnötige Verschärfung des deutschen Asylrechts“, sagt Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL.
Statt auf eine „Minimalumsetzung“ der EU-Vorgaben setzt der Referententwurf auf nicht notwendige Verschärfungen, „denen zum Teil verfassungsrechtliche und menschenrecht-liche Bedenken entgegenstehen“, heißt es in der Stellungnah-me zum Referentenentwurf, die PRO ASYL beim Innenminis-terium eingereicht hat.
Der Referentenentwurf sieht umfangreiche Möglichkeiten vor, die Freiheit von Schutzsuchenden zu beschränken und sie zu inhaftieren. Es drohen neue geschlossene Zentren, wie sie in Deutschland bisher nicht bekannt sind. Schutzsuchende dür-ften dann ihre Unterbringungseinrichtung nicht verlassen, zum Teil nur, weil sie aus einem bestimmten Herkunftsland kommen.
Besonders besorgniserregend ist auch die geplante neuartige Asylverfahrenshaft, die auch Kinder betreffen könnte. „Es ist unerträglich, dass Deutschland nun ernsthaft in Erwägung zieht, Kinder während ihres Asylverfahrens wie in einem Ge-fängnis einzusperren. Dabei hatte die Bundesregierung be-teuert, gerade solche Zustände verhindern zu wollen. Die Re-gelung zur neuen Asylhaft muss umgehend gestrichen wer-den“, sagt Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL.
Faire Asylverfahren sind nach der Erfahrung von PRO ASYL un-ter Haftbedingungen nicht möglich, zudem sind sie für die Be-troffenen oft retraumatisierend und eine hohe psychische Belastung.
Auch die von der EU geplanten Asylverfahren an den EU-Außengrenzen stellen einen massiven Einschnitt in Flücht-lingsrechte dar. Menschen, die an den EU-Außengrenzen Asyl beantragen, sollen unter der Fiktion der Nicht-Einreise festge-halten werden. Diese Verfahren, die auch das bisherige deut-sche Flughafenverfahren ersetzen werden, können bis zu zwölf Wochen dauern. Für Asylsuchende im Außengrenzver-fahren gelten die neuen Regeln zur Freiheitsbeschränkung und Inhaftierung in jedem Fall.
Und selbst hier will die Bundesregierung noch über die euro-päischen Verschärfungen hinausgehen: Der deutsche Entwurf sieht vor, das Grenzverfahren auf weitere optionale Fälle auszuweiten.
Sehr problematisch ist auch die geplante Ausweitung der Kon-zepte der „sicheren Herkunftsstaaten“ und der „sicheren Dritt-staaten“. Diese sollen künftig per Rechtsverordnung der Bun-desregierung, also ohne Zustimmung von Bundestag und Bun-desrat, bestimmt werden können. Eine solche Umgehung des demokratischen Prozesses ist höchst bedenklich. Bisher hat sich gerade der Bundesrat als wichtige Instanz erwiesen, um voreilige Einstufungen zu verhindern. So hat er zum Beispiel verhindert, dass Marokko und Tunesien zu sogenannten siche-ren Herkunftsstaaten erklärt werden.
PRO ASYL lehnt eine Einstufung von Ländern als „sicher“ als Beschränkung des Rechts auf ein faires Asylverfahren grund-sätzlich ab.
PRO ASYL fordert eine grundlegende Überarbeitung des GEAS-Umsetzungsgesetzes. Deutschland muss bei der Umsetzung der GEAS-Reform menschenrechtliche Standards wahren und den Schutz geflüchteter Menschen in den Mittelpunkt stellen. Statt auf neue Haftformen und Freiheitsbeschränkungen zu setzen, sollte der bestehende Spielraum genutzt werden, um faire und sorgfältige Asylverfahren unter menschenwürdigen Bedingungen zu gewährleisten.
Bereits im Juli hatte PRO ASYL gemeinsam mit 25 anderen Organisationen Vorschläge für eine menschenrechtskonforme Umsetzung der GEAS-Reform gemacht.
(Quelle: proasyl.de)