Die Bundesregierung hat jüngst Referententwürfe zur Umset-zung der GEAS-Reform in das nationale Recht vorgelegt. Im Rahmen der Verbändeverteilung hat der Paritätische zu den Entwürfen Stellung genommen. Er kritisiert dabei scharf die sehr restriktive Umsetzung der europäischen Rechtstexte, ins-besondere die massive Nutzung von Freiheitsbeschränkun-gen, Haft und haftähnlichen Regelungen, die auch Kinder be-treffen können. Kritisch Stellung nimmt er darüber hinaus zu Zugangsbeschränkungen sowie Verschärfungen im AsylbLG. Er fordert zudem die vollumfängliche Umsetzung der Aufnahme-Richtlinie, insbesondere für vulnerable Gruppen, und die Si-cherstellung der Rechtsauskunft durch das Bundesprogramm der behördenunabhängigen Asylverfahrensberatung.
Die vorgelegten Referentenentwürfe beinhalten die größte Än-derung der deutschen Asylgesetzgebung seit dem Asylkom-promiss 1993. Die im Juni 2024 verabschiedete Reform des Ge-meinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS), die ab dem Sommer 2026 in Anwendung sein wird, wurde vom Paritäti-schen Gesamtverband und weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen mehrfach als erhebliche Verschärfung des europäischen Asylrechts kritisiert, die den Schutz fliehender Menschen in der EU gefährdet. Wie bereits in einer gemein-samen zivilgesellschaftlichen Stellungnahme von Juli 2024 gefordert, muss bei der nationalen Umsetzung der Reform sichergestellt werden, dass Menschenrechte bestmöglich ge-achtet und rechtsstaatliche Standards in der EU eingehalten werden. Dies ist aus aus Sicht des Paritätischen mit dem vor-liegenden Entwurf nicht (hinreichend) passiert.
Besonders kritisch ist aus Sicht des Paritätischen Gesamtver-bands, dass der Gesetzgeber bestehende Umsetzungsspiel-räume häufig restriktiv ausgelegt und auch nicht-verpflich-tende Regelungen umgesetzt hat, wenn diese die Rechte von Schutzsuchenden einschränken, wie z.B. bei der Einführung von Asylverfahrenshaft und weiteren freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, die auch Kinder betreffen können.
Hinzu kommt, dass auch diese Reform die schon lange über-fällige vollumfängliche Umsetzung der EU-Aufnahme-Richt-linie in deutsches Recht nur unzureichend adressiert. So werden wichtige Garantien, welche insbesondere die Rechte vulnerabler Asylantragstellender schützen, nicht hinreichend im deutschen Gesetz verankert. Hier weist der Gesetzentwurf noch massive Lücken auf; es herrscht daher noch erheblicher Regelungsbedarf.
Der Paritätische Gesamtverband empfiehlt insbesondere die folgenden Gesetzesänderungen:
- Streichung aller fakultativen Inhaftierungsmöglichkeiten und freiheitsbeschränkender Maßnahmen für Asylan-tragstellende, wie der “Asylverfahrenshaft” oder der “Überprüfungshaft” im Screening-Verfahren, §§ 68ff. AsylG-E, §§ 14a, 15a AufenthG-E
- Beschränkung der Anwendung des Grenzverfahrens auf verpflichtende Fälle, § 18a Abs.1 AsylG-E
- Streichung der Fiktion der Nicht-Einreise bei Überprü-fungen im Inland im Rahmen vorübergehend eingeführ-ter Binnengrenzkontrollen, § 14b S. 2 AufenthG-E
- Vollumfängliche Umsetzung der Aufnahme-Richtlinie ins-besondere auf die Berücksichtigung besonderer Bedürf-nisse vulnerabler Gruppen
- Sicherstellung der Rechtsauskunft durch das Bundes-programm der behördenunabhängigen Asylverfah-rensberatung, § 12b AufenthG-E
- Aufhebung der Zugangsbeschränkungen für Rechtsbera-tende, §§ 12c, 70 Abs. 3 AsylG-E und §§ 14a Abs. 4, 15a Abs. 5 AufenthG-E
- Streichung der beabsichtigen Leistungsausschlüsse, San-ktionen und Sachleistungszwänge im Asylbewerber-leistungsgesetz, §§ 1 Abs. 4, 1a Abs. 6a, § 2 Abs. 2a, § 3 Abs. 3a AsylbLG
Die gesamte Stellungnahme sowie das zivilgesellschaftliche Prioritätenpapier vom Juli 2024 stehen hier zum Download zur Verfügung. Die Referentenentwürfe können auf der Seite des BMI heruntergeladen werden, der Link befindet sich hier.
(Quelle: der-paritaetische.de)