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EKiR-PM: Abschiebungsbeobachtung: Anstieg der Fälle um 45 Prozent in NRW

Bild: pixabay.com
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Mehr Abschiebungen über die Flughäfen in Nordrhein-Westfa-len: 2470 Menschen sind im Jahr 2023 per Flugzeug aus NRW abgeschoben worden. Das waren 45 Prozent mehr als im Jahr zuvor (1701 Menschen). Nach Frankfurt werden damit vom Düsseldorfer Flughafen die zweitmeisten Abschiebungen durchgeführt. Darüber wie über die Begleitumstände der Ab-schiebungen gibt der 40-seitige, mit Beispielfällen und Grafi-ken versehene Bericht der unabhängigen Abschiebungsbeo-bachtung Auskunft. Themenschwerpunkte sind unter ande-rem der Umgang der Behörden mit Rückzuführenden, insbe-sondere Schwangeren, das Kindeswohl, der Einsatz von Sprachmittler*innen sowie die Handynutzung am Flughafen. Der komplette Jahresbericht 2023 steht ab sofort zum Download zur Verfügung und wird im Folgenden von Vertreterinnen und Vertretern des Forums Flughäfen in Nordrhein-Westfalen (FFiNW) kommentiert.

 

Abschiebungsbeobachtung: Zwangsmaßnahmen unzurei-chend begründet „Die Abschiebungsbeobachtung beobachtet stichprobenartig Abschiebungen, die per Chartermaßnahmen oder per Linienflug durchgeführt werden. 74 problematische Einzel- und/oder Familienfälle wurden dem FFINW im Be-richtsjahr vorgelegt. Zum Beispiel werden Familien getrennt oder Kinder erleben, wie ihre Eltern gefesselt werden, Schwangere werden trotz Bedenken an ihrer Reisefähigkeit abgeschoben. In dem heute veröffentlichten Bericht werden kritische Themen beleuchtet, die trotz immer wiederkehren-der Diskussionen im FFINW bislang aus Sicht der Beobachtung nicht gelöst wurden. Der Bericht weist vermehrt auf Vorgänge im Zuständigkeitsbereich der zentralen Ausländerbehörden hin: So konnten Beamt*innen teils nur unzureichend den Ein-satz von Zwangsmaßnahmen gegenüber der Abschiebungs-beobachtung begründen. Rückzuführende berichteten zudem vermehrt von Problemen mit Beamt*innen, während sie von ihrer Unterkunft zum Flughafen gebracht wurden.

 

Ein weiteres zentrales Thema des Berichts ist die unzureichen-de medizinische Betreuung während der Abschiebungen. Besonders problematisch ist hierbei die fehlende Nutzung von Dolmetscher*innen bei Einzelabschiebungen, um eine Ver-ständigung sicherzustellen. Die im Bericht genannten Prob-leme verdeutlichen: Angesichts der Entwicklungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht sowie der politischen Diskussion über vermehrte Abschiebungen ist es umso wichtiger, den Schutz der Betroffenen im Blick zu behalten. Der Bericht zeigt, wie entscheidend es ist, bestehende Standards konsequent ein-zuhalten und bestehende Defizite sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene durch entsprechende Gesetzesänderungen zu beheben. Denn die Würde des Menschen ist unantastbar. Und, wie es im ersten Artikel unseres Grundgesetzes weiter heißt: Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

 

Einen Bericht über die Abschiebungsbeobachtung finden Interessierte auch auf der Website des Diakonischen Werks Rheinland-Westfalen-Lippe. Dort stehen zudem Fotos zum Download zur Verfügung.

 

Moderator des FFiNW: Verstärkter Abschiebungsdruck wirkt sich aus „In ihrer über 20-jährigen Arbeit haben die Abschie-bungsbeobachtung und das Forum Flughäfen in NRW viel Transparenz an den Flughäfen in die Abläufe rund um Ab-schiebungen gebracht. Durch die Aufarbeitung von Problem-fällen im Forum gingen Impulse aus für Maßnahmen, die die Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen aus der Sicht aller Beteiligten verbessert haben. Im Jahr 2023 haben wir einen signifikanten Anstieg von Abschiebungen erlebt. Nach wie vor gilt: Abschiebungen werden im Blick auf die Si-tuation am Flughafen in der Regel gut vorbereitet und ord-nungsgemäß vollzogen.

 

Gleichwohl wirkt sich der stetig verstärkende Abschiebungs-druck insbesondere auf die zuführenden Behörden aus. Der politische Wille, mehr Menschen abzuschieben, kann den bis-her geltenden Grundsatz gefährden: Keine Abschiebung um jeden Preis! Hier gilt es wachsam zu sein, dass humanitäre Er-rungenschaften nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Als Kirche werden wir weiterhin für einen sensiblen Umgang bei der Abschiebung Kranker, bei Familientrennungen und der Beachtung des Kindeswohls eintreten. Hier sehen wir auch er-heblichen politischen Handlungsbedarf.

 

Bei allen positiven Errungenschaften der Abschiebungsbeo-bachtung ist es heute an der Zeit, die Abschiebungsbeobach-tung qualitativ zu verbessern und auf eine sichere gesetzliche Basis zu stellen. Die bisher erfolglosen Bemühungen versu-chen wir gemeinsam mit dem Flüchtlingsministerium nach vorne zu bringen.“

 

Flüchtlingsministerium: Prozess rechtsstaatlich und fair gestalten „Stellvertretend für das Ministerium für Kinder, Ju-gend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Lan-des Nordrhein-Westfalen möchte ich der nordrhein-westfä-lischen Abschiebungsbeobachtung meinen Dank für ihre wert-volle Arbeit und ihr Engagement bei der Erstellung des Jahres-berichts 2023 aussprechen.

 

Nordrhein-Westfalen steht im Rahmen seiner Zuständigkeit für eine humanitäre und chancengerechte und auch gesteuerte sowie (rechts-)sichere Flüchtlingspolitik. Am Ende rechtstaat-licher Verfahren kann die Verpflichtung zur Ausreise stehen. Rückführungen und freiwillige Rückkehr sind Teil einer sol-chen rechtsstaatlichen Migrationspolitik. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass Rückführungen für alle Beteiligten eine große Herausforderung darstellen, und es gilt, jedem Ein-zelfall gerecht zu werden. Die Landesregierung hat sich daher zum Ziel gesetzt, diesen Prozess rechtstaatlich, fair und hu-manitär zu gestalten. Ein zentraler Aspekt ist dabei die konti-nuierliche Optimierung der Standards im Rückführungsbe-reich. In den vergangenen Jahren konnten wir bereits bedeu-tende Fortschritte erzielen: Die organisatorischen Abläufe wur-den weiter verbessert und die beteiligten Stellen wurden für spezifische Problematiken sensibilisiert.

 

Wir wollen diesen positiven Weg fortsetzen und schätzen die wertvollen Beobachtungen und Hinweise aus dem Jahresbe-richt 2023. Ich bin zuversichtlich, dass wir durch eine vertrau-ensvolle Zusammenarbeit den aktuellen und zukünftigen He-rausforderungen gemeinsam begegnen können, und freue mich auf die Fortsetzung unseres Dialogs.

 

Bundespolizei: Sicherheit und humanitäre Standards haben höchste Priorität „Das Thema Rückführung rückt politisch, medial und gesellschaftlich verstärkt in den Fokus. Die Bun-despolizei ist verantwortlich für die polizeilichen Maßnahmen anlässlich von Rückführungen an den Flughäfen ab der Über-nahme der rückzuführenden Personen am Flughafen über de-ren Begleitung auf dem Luftweg bis zu deren Übergabe im Zielland.

 

Wir setzen dazu speziell ausgebildetes Personal ein, unsere so-genannten Personenbegleiter Luft (PBL), denn die Rückfüh-rung von Menschen ist keine alltägliche Aufgabe. Die PBL sind besonders geschult im Umgang mit den rückzuführenden Per-sonen und für die besonderen Herausforderungen bei Rück-führungsmaßnahmen in hohem Maße sensibilisiert.

 

Für die Bundespolizei haben neben der Sicherheit für alle Be-teiligten die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit sowie die Wahrung der Menschenwürde und die Beachtung humanitärer Standards bei den Rückführungsmaßnahmen höchste Priori-tät.

Wir als Bundespolizei begrüßen die Arbeit der Rückführungs-beobachtung und sind davon überzeugt, dass es zielführend und hilfreich ist, wenn sich alle an dem komplexen Prozess der Rückführung beteiligten Akteure regelmäßig austauschen. Das schafft Transparenz und bietet die Möglichkeit, den Rückfüh-rungsprozess fortwährend kritisch zu betrachten, Probleme anzusprechen und zu lösen, um diesen schlussendlich optimal zu gestalten. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Beteilig-ten wird dadurch gestärkt und intensiviert. Eine neutrale und unabhängige Beobachtung der Rückführung, wie sie das Fo-rum Flughäfen in NRW seit Jahren durchführt, ist aus unserer Sicht für größtmögliche Transparenz und erforderliche Weiter-entwicklungen richtig und wichtig.

 

(Pressestelle der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin)

 

Stichwort 1: Forum Flughäfen in NRW

Das Forum Flughäfen in NRW (FFiNW), gegründet im Jahr 2000, ist ein Gremium aus Vertreterinnen und Vertretern von staatlichen Behörden, Kirchen und Nichtregierungsorganisa-tionen, die im Austausch über den Vollzug von Flugabschie-bungen stehen. Es will durch die Bündelung von Informa-tionen und Kompetenzen zu mehr Transparenz beitragen.

 

Stichwort 2: Abschiebebeobachtung

Im Jahr 2001 wurde eine Abschiebungsbeobachtung an den Flughäfen in NRW, vorrangig für den Flughafen Düsseldorf, eingerichtet, wobei das Diakonische Werk Rheinland-Westfa-len-Lippe Träger der Stellen ist. Ziel der Abschiebungsbeo-bachtung ist es, den Vollzug von Rückführungsmaßnahmen am Airport in den Blick zu nehmen, zu dokumentieren und gegebenenfalls Missstände aufzudecken. Die Wahrung huma-nitärer Standards und des Grundsatzes der Verhältnis-mäßigkeit ist dabei übergeordnetes Prinzip.

 

(Autor: Ekkehard Rüger, Quelle: ekir.de)

 

 


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