"Die Bundesregierung hat mit dem vorliegenden Gesetzent-wurf verpasst, die Menschenrechte zu achten und rechts-staatliche Standards zu wahren. Der Entwurf beinhaltet die größten Asylrechtsverschärfungen seit Jahrzehnten, es droht Haft von Familien und Kindern - wie weit soll die Entrechtung von schutzsuchenden Menschen noch gehen?", kritisiert Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.
PRO ASYL fordert: "Die Bundesregierung muss den Gesetz-entwurf im Lichte der Menschenrechte überarbeiten, die von der EU gewährten Ermessensspielräume im Sinne des Schut-zes von Asylsuchenden nutzen sowie faire und rechtsstaat-liche Verfahren unter menschenwürdigen Bedingungen gewährleisten."
Obwohl die EU-Vorgaben bereits eine deutliche Verschärfung der Asylpraxis vorsehen, geht der deutsche Gesetzentwurf noch weiter und führt unter dem Deckmantel der GEAS-Um-setzung neue Möglichkeiten der Freiheitsbeschränkung und De-facto-Inhaftierung von Schutzsuchenden ein.
Es drohen geschlossene Zentren, wie es sie bisher in Deutsch-land noch nicht gibt: Die Flüchtlinge dürfen diese nicht ver-lassen, teilweise nur, weil sie aus einem bestimmten Her-kunftsland kommen. Besonders besorgniserregend ist, dass durch diese Maßnahmen auch Kinder während ihres Asylver-fahrens eingesperrt werden könnten.
Schutzsuchende sollen durch Maßnahmen wie die soge-nannte Asylverfahrenshaft massiven Freiheitsbeschränkungen unterworfen werden, die mit internationalen Menschenrechts-standards nicht vereinbar sind. "Diese Haftformen sind unver-hältnismäßig und psychisch extrem belastend. Sie erhöhen das Risiko von Suizidversuchen. Ein faires Asylverfahren ist so kaum möglich, da Betroffene unter diesen Bedingungen oft nicht in der Lage sind, ihre Fluchtgründe umfassend darzu-legen", sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.
PRO ASYL lehnt geschlossene Zentren und die Asylverfah-renshaft entschieden ab und fordert die Bundesregierung auf, menschenrechtliche Standards zu wahren.
Mit dem Gesetzentwurf sollen zudem die Konzepte "sicherer Herkunftsstaaten" und "sicherer Drittstaaten" massiv aus-geweitet werden, was durch die Vorgaben aus Brüssel nicht zwingend geboten ist.
PRO ASYL sieht in der Ausweitung der "sicheren Staaten"-Kon-zepte eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts auf ein faires Asylverfahren. Die Einstufung eines Landes als "si-cher" muss einer gründlichen menschenrechtlichen Prüfung unterzogen werden, die durch die geplanten Änderungen nicht mehr gewährleistet ist. Statt der angestrebten Harmo-nisierung droht ein Labyrinth paralleler Verfahren zur Einstu-fung als "sicher", wobei die strengeren Vorgaben des Grund-gesetzes unterlaufen werden können.
Bereits im Juli 2024 hatte PRO ASYL gemeinsam mit 25 Organisationen Vorschläge für eine menschenrechtskonforme Umsetzung der GEAS-Reform unterbreitet. Im Oktober reichte PRO ASYL zudem eine umfassende Stellungnahme zum Refe-rentenentwurf beim Bundesinnenministerium ein, die ver-fassungsrechtliche und menschenrechtliche Probleme be-nennt.
Zur Erklärung:
Wir hatten kritisiert, dass laut Gesetzentwurf der Bundesre-gierung künftig der Bundestag und der Bundesrat nicht mehr mit darüber entscheiden sollen, welche Länder als "sicher" gelten sollen. Doch im Gesetzentwurf ist (anders als im vohe-rigen Referentenentwurf) eine Beteiligung des Bundestags bei der Bestimmung von sicheren Herkunftsländern und sicheren Drittstaaten vorgesehen (Paragrafen 27 und 29b Entwurf GEAS-Anpassungsgesetz).
Dennoch bleibt die Kritik von PRO ASYL, dass sogenannte si-chere Drittstaaten und sichere Herkunftsländer nicht mehr wie bisher in einem ausführlichen parlamentarischen Verfahren festgelegt werden sollen, sondern per Rechtsverordnung. Damit werden die Expertise und die Kritikpunkte, über die Bundestag und Zivilgesellschaft verfügen, stark eingeschränkt. Auch dies ist eine unnötige Verschärfung der Vorgaben der EU.
(Quelle: proasyl.de)